Die Entstehung der Pfarre St. Paul ist eng mit der Entwicklung des Stadtteils Mitterau verbunden.
Schon im Mittelalter wurde nördlich des Kremsflusses der Boden kultiviert und auch Weinbau betrieben. Die kleine Siedlung Weinzierl entstand. Um 1447 wird auch von der Hauerinnung - der Herrenzöch, später auch St. Pauls-Bruderschaft genannt - berichtet. Südlich der Krems prägten weit verzweigte Wasserläufe der Donau, Tümpel und kleine Inseln mit Auwäldern das Landschaftsbild. Die nahe Donau mit gewaltigen Überschwemmungen und Eisstößen, die oft bis Weinzierl vordrangen, verhinderten eine intensive Bodennutzung.
Diese Gefahren konnten durch den Bau des Schutzdammes Ende des 19. Jahrhunderts erheblich gemildert werden. Um die Jahrhundertwende entstanden die ersten Wohngebäude am rechten Ufer des Kremsflusses. Vor allem aber nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das gesamte Gebiet des ehemaligen Exerzierplatzes mit zweistöckigen Wohngebäuden verbaut, und es entstand der neue Stadtteil „Mitterau".
Zwanzig Jahre später prägen elfstöckige Wohntürme, die entlang der neuen vierspurigen Osteinfahrt gebaut wurden, das Stadtbild. So verwandelte sich dieses Gebiet mit seinen blühenden Schrebergärten in ein modernes Wohngebiet, in dem viele junge zugezogene Familien ein neues zu Hause fanden. Die Mitterau war Ende der Siebzigerjahre zum bevölkerungsreichsten Stadtteil von Krems geworden.
Durch den Bau des Donaukraftwerkes Altenwörth 1975 entstanden neue Hochwasserschutzbauten entlang der Donau. Damit verschwanden Uferstreifen wie die „Weiße Mauer" beim Pionierübungsplatz, die erste und zweite Bucht ebenso wie die letzten Reste der Donaulacken.
Dieser städtebaulichen Entwicklung hat auch die Diözese St. Pölten Rechnung getragen. Der geistige Anstoß für die Neugründung einer Pfarre im Stadtteil Mitterau ging von den Priestern und engagierten Laien der Mutterpfarre Krems-St. Veit aus.
Erste Verhandlungen mit der Stadtgemeinde Krems, um einen geeigneten Kirchenbauplatz zu erwerben, gehen bereits ins Jahre 1957 zurück. Die Mutterpfarre St. Veit stellte aus ihrem Grundbesitz wertvolle Baugründe zur Verfügung, die im mehrmaligem Tauschwege im Jahre 1968 zum Erwerb des heutigen Kirchengrundstückes führten.
1973 erhält der Kaplan der Pfarre St. Veit, Mag. Franz Schrittwieser, den Auftrag zum Aufbau einer neuen Pfarre im Stadtteil Mitterau. Am 4. November 1973 wird bereits ein eigener Pfarrgemeinderat gewählt. Die bisherigen Pfarrkirchenräte der Altpfarre Karl Siller, Alfred Allram und Gerhard Herzyk treten in den neuerrichteten Pfarrkirchenrat über, und mit 1. Jänner 1974 wird die Stadtpfarre Krems-St. Paul für das gesamte Stadtgebiet südlich bzw. östlich der Bahntraße bis zur neuen Straßenbrücke über die Donau formell errichtet.
Die Gottesdienste werden vorerst in der Kapelle der Pädagogischen Akademie gefeiert. Als vorläufiges Seelsorgezentrum dienen drei Wohneinheiten im Hochhaus Dr. Gschmeidlerstraße 18. In den einzelnen Räumen finden die ersten Pfarrgruppen ein familiäres Zuhause.
1975 wird die Bevölkerung in einer Meinungsumfrage über ihre räumlichen Vorstellungen für das neue Pfarrzentrum befragt.
1976 erfolgt die Ausschreibung zum Architektenwettbewerb zur Neuerrichtung eines Pfarrzentrums, aus dem Prof. Dipl. Ing. Josef Patzelt aus Wiener Neustadt den Auftrag erhält.
Am 25. Juni 1977 erfolgt die Grundsteinlegung durch Weihbischof Dr. Stöger und ein Jahr später die Gleichenfeier nach Vollendung des Rohbaues.
Am 21. September 1980 weiht Diözesanbischof Dr. Franz Zak den Kirchenneubau, und das Pfarrzentrum wird feierlich eröffnet.
Im Zuge des Millenniums der Stadt Krems 1995 wird der Pfarre St. Paul ein Glockenturm geschenkt. Die neue Glocke wird im Beisein vieler Pfarrmitglieder am 16. August 1995 am Pfarrplatz St. Veit von der Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr unter freiem Himmel gegossen. Am 17. September 1995 erfolgt die Weihe und die Glocke wird am neuen Glockenturm hochgezogen.
Den bisher größten Schaden richtete das Hochwasser des Krems-Flusses im August 2002 an. Die Kirche selbst blieb verschont aber große Teile des Pfarrzentrums wurden stark in Mitleidenschaft gezogen.
16.02. bis 14.05.1976 |
Architektenwettbewerb. Von den acht eingereichten Projekten erhielt Prof. Dipl.-Ing. Josef Patzelt aus Wiener Neustadt den ersten Preis und den Auftrag zur Ausführung. | ||
27.02.1977 | Spatenstichfeier zur Errichtung des Pfarrzentrums und der Kirche | ||
25.06.1977 | feierliche Grundsteinlegung durch Weihbischof Stöger | ||
15.06.1978 | Gleichenfeier des Rohbaues | ||
28.11.1978 bis 15.02.1979 |
Wettbewerb zur künstlerischen Ausgestaltung der Kirche. Die Jury konnte sich für keines der sechs eingereichten Projekte entscheiden. Prof. Günter Wolfsberger aus Krems wurde mit der Erstellung von neuen Entwürfen betraut. | ||
12.07.1979 | Gottesdienst einer pfarrlichen Pilgergruppe am Grab des Hl. Paulus in Rom. Segnung des Altarsteins aus der alten Paulusbasilika mit der griechischen Inschrift „eon" – „der Seiende". Er enthält Reliquien der Heiligen Pankratius und Petrus Canisius. | ||
21.09.1980 | Kirchweihe durch Diözesanbischof Dr. Franz Zak und feierliche Eröffnung des Pfarrzentrums | ||
Im Jahr 2005 wurde der bestehende Glockenturm verstärkt und die Pfarre St. Paul erhielt ihre zweite Glocke.
Das Pfarrgebiet wird aus sehr verschiedenartigen Regionen gebildet: dem geschichtsträchtigen Hauerdorf Weinzierl und dem modernen Wohnviertel Mitterau. Seit September 2023 zählt auch das Pfarrgebiet der ehemaligen Pfarre Lerchenfeld zu St. Paul. Die Pfarre St. Severin wurde in die Pfarre St. Paul fusioniert.
Zum Pfarrgebiet gehören das öffentliche Krankenhaus der Stadt Krems, Kindergärten (Mitterau I und II, Lilienfelderhof, Kindergarten der KPH und bis zur Schließung im Sommer 2007 der Bundeskindergarten Rechte Kremszeile), die Praxisvolksschule der KPH Campus Krems-Mitterau sowie bis zur ihrer Schließung die Volksschule Hohenstein, bis zur Übersiedlung ins neue Schulzentrum, die Hauptschule Krems 1, Mitterweg 8, das Bundesgymnasium und BRG Rechte Kremszeile, die Kirchlich Pädagogische Hochschule Wien, Standort Campus Krems-Mitterau sowie bis zur Schließung das Seniorenwohnheim in der Hohensteinstraße.
In der Pfarre St. Paul ist auch die Hauerinnung beheimatet. Die Zunftfahne ziert den Chorraum der Kirche.
Im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils war es das Ziel, eine „lebendige Kirche" zu bauen. Deshalb war es vom Anfang an das Bestreben der Pfarre St. Paul, aus einem sehr inhomogenen Wohnviertel mit allen Problemen des modernen Städtebaues eine „Pfarrfamilie" entstehen zu lassen, in der eine kinderfreundliche Atmosphäre herrscht, in der die Jugend mit ihren Lebensformen akzeptiert wird, in der die Andersdenkenden nicht verurteilt werden, in der die Alten und Einsamen nicht vergessen sind und in der alle Hilfe finden, die sie suchen. Diese Gedanken von Franz Schrittwieser, dem ersten Pfarrer von St. Paul, in der Festschrift zur Kirchweihe im Jahr 1980, haben heute noch immer ihre Gültigkeit.
Martin Etzel 2002 (ergänzt/aktualisiert von Jürgen Übl)