Paulus 2024/09
"Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch immer keinen Glauben" (Mk 4,35-41)
Liebe Pfarrgemeinde, liebe Freunde von Krems-St. Paul!
Wir stehen wieder vor einem „neuen Arbeitsjahr“. Die ersten Vorbereitungen haben schon begonnen: Auf der einen Seite des Kalenders haben wir unsere Feste, Feiern und Termine geplant und auf der anderen Seite des Arbeitskalenders schreibt die göttliche Vorsehung ihre Termine und Veranstaltungen. Die Frage kommt auf, schaffen wir es die beiden Seiten, wie mit einer Brücke, gut miteinander zu verbinden? So kann ich wirklich behaupten, dass jedes Arbeitsjahr einem (neuen) „Abenteuer“ gleicht.
Bei der Vorbereitung auf diese Ausgabe kam mir das Bild und der Text aus dem Markus-Evangelium in den Sinn, das einem Arbeitsabenteuer gleicht. Die Jünger sind mit Jesus im Boot (Boot = Bild für die Kirche), die Jünger gehen ihrer gewohnten Arbeit nach. Sie haben ja Erfahrung, schließlich waren sie, bevor sie Jesus rief, Fischer. Damit kannten sie sich mit der See und der Fahrt aus. (See = Welt) Das heißt, dass alltägliche Geschäfte, die Routine, waren ihnen bekannt. Sie kannten sich mit allem aus, nichts konnte sie so leicht aus der Bahn werfen! Übertragen auf uns: Auch wir sind es schon gewohnt, unsere jährlichen fixen Termine zu planen und aus den vergangenen Jahren Erfahrungen zu sammeln, um damit hier auf unserem „See“ in Krems eine gut geplante und ruhige Fahrt zu haben.
Doch ist das nicht ein bisschen zu fad? Benötigen wir nicht ein wenig Abenteuer? Was ist ein Abenteuer? Als Abenteuer (lat. advenire - „ankommen“ und adventus - „Ankunft“) wird eine risikohaltige Unternehmung bezeichnet, wie eine gefahrenträchtige Reise oder die Erforschung eines unbekannten Gebietes, die außerhalb des geschützten Alltagsbereich liegt. Abenteurer verlassen ihr gewohntes Umfeld und soziales Netzwerk, um etwas Wagnishaltiges zu unternehmen, das interessant oder auch gefährlich zu sein verspricht und bei dem der Ausgang ungewiss ist. In diesem Sinne galten und gelten Expeditionen ins Unbekannte zu allen Zeiten als Abenteuer.
Auf der einen Seite erwarten wir uns als Pfarre, dass es mehr aktive Kirchenbesucher gibt, Mitglieder in allen Gruppen und auf der anderen Seite wünschen wir uns keine großen Veränderungen - „alles soll so bleiben wie bisher!“ – das Gewohnte, das Bekannte, das Sichere möchte keiner loslassen! Gerne bleiben wir als Mensch in unserer Komfortzone und klagen über die „gute alte Zeit“, in der Seele tragend die tiefste Sehnsucht, die See soll ruhig und glatt verlaufen. Alles wollen wir in unseren gewohnten Bahnen haben.
Warum legt sich Jesus zum Schlafen hin?
Weil die Jünger meinten, ohne ihn auskommen zu können. Gott soll sich ihren Wünschen und Vorstellungen anpassen, nach der Devise: „Das machen wir schon!“ Das Abenteuer beginnt im Evangelium, als es stürmisch wird, heraus aus den gewohnten Bahnen und Erfahrungen. Es geht darum, sich in den neuen Situationen, die wir nicht voraussehen können, zu bewähren und Lösungen zu finden. Natürlich dürfen wir uns auch damit befassen, welche Gefahren drohen. Abenteuer im Pfarrleben sind dann erst möglich, wenn wir die Dinge einfach mal anders machen als gewöhnlich. Bitte, das heißt nicht unüberlegt zu handeln, sondern neue, zeitgemäße Pläne und Konzepte zu erstellen. Somit sollte die Komfortzone verlassen und „neues Leben“ in die „alte Kirche“ gebracht werden. Ich darf es auch mal so frei formulieren: Es geht darum, dem spielerischen Entdeckungsdrang in uns, in der Kirche, in der Gemeinde mehr Raum zu geben! Eine Art Grundausstattung besitzen wir schon: die Gegenwart Jesu und sein Wort. Das dürfen wir nicht außer Acht lassen. Dessen mussten sich auch die Jünger erst bewusst werden, als es nämlich unangenehm wurde und der Erfolg nicht sichtbar war. Sie schrien: „Herr, kümmert es Dich nicht, dass wir untergehen!“ Das geschieht dann, wenn man auf eigene Faust vorgeht und den Herrn bei Seite schiebt. Da wir als Pfarre von Ihm den Auftrag haben und Er in unserem Boot dabei ist, sollten wir die Dinge nicht ohne die Grundausstattung angehen, sondern mit ihr! Habt Mut, habt keine Angst, ich bin mit Euch!
Indem wir mit Ihm das Abenteuer beginnen, bringen wir den nötigen Mut auf, ehrlich zu sein. Mut, Dinge anders zu machen als gewöhnlich. Mut aufzubrechen, ohne zu wissen was uns genau erwartet. Immer im Vertrauen auf Ihn wachsen wir und können somit auch in Alltagsituationen darauf zurückgreifen. So werden wir langsam attraktiv und interessant für andere. Also es gibt keine tausend Gründe mehr, warum wir heute nicht auf die See sollten. Sind Sie bereit und willig für/auf das „neue Abenteuer“? Oder möchten Sie in einem Boot und auf einer See fahren, wo sich nichts tut?
Gottes Segen, hoffungsvoll sowie abenteuerlich gespannt auf das kommende Arbeitsjahr, wünscht Ihnenen Ihr
Pfarrer Nikolaus Vidovic