Paulus 2023/12
„Auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade"! - oder wie kommen wir zum Frieden?
Liebe Pfarrgemeinde, liebe Freunde von Krems-St. Paul!
Weichnachten steht vor der Tür. Mit einigen Denkanstößen lade ich Sie herzlich ein, sich mit der bald beginnenden Adventzeit darauf vorzubereiten. Dieses Jahr ist der Advent recht kurz. Ich nutze daher die Zeit und die Zeilen aus, beides miteinander zu verknüpfen. Der Advent dient immer als Vorbereitung, er ist ja ebenfalls eine Bußzeit. Nur zum Unterschied zur österlichen Bußzeit ist diese eine freudigere und hoffungsvollere! So möchte ich mit Ihnen gemeinsam diesen Adventweg beschreiten.
In der Heiligen Nacht werden wir die hymnischen Worte der Engel hören: „Auf Erden ist Frieden bei den Menschen seiner Gnade“. Ist Friede und nicht sei Friede - das ist kein frommer Wunsch, sondern eine Botschaft. „Das Geburtsfest des Herrn“, schreibt der hl. Leo der Große, „ist das Geburtsfest des Friedens“. Wie können wir Gott für dieses unendliche Geschenk danken? Und was wollen wir Jesus schenken? Einen Weihnachtsmann, Geld, unsere Waffen?
In den Seligpreisungen finden wir eine passende Antwort, eine Anleitung! Jesus bittet uns „Friedensstifter“ zu werden! (Mt 5,1-12 ) Das griechische Wort „eirenopoioi“ bezeichnet die, die für den Frieden arbeiten, Frieden machen, in diesem Sinne den feindlichen Parteien helfen, untereinander Frieden zu schließen, dass sie sich nicht scheuen, den eigenen Frieden aufs Spiel zu setzen, um den Frieden zwischen den entzweiten wiederherzustellen. Damit sind nicht stille Menschen gemeint, die Konflikte nach Möglichkeiten meiden, und es ist auch nicht gleichbedeutend mit Pazifisten (d.h. meistens, dass sie gegen eine der Kriegsparteien sind). Es bezeichnet eine Position, die Gegner miteinander zu versöhnen. Zur Zeit des Neuen Testaments wurden die Herrscher, vor allem römische Kaiser, als Friedensstifter bezeichnet. Augustus sah seine größte Leistung darin, durch seine militärischen Siege den Frieden in der Welt herbeizuführen. Dafür ließ er in Rom die berühmte „Ara pacis“, den Altar des Friedens errichten. Doch davon spricht diese Schriftstelle nicht. Friedensstifter ist eine Erscheinungsform der Nächstenliebe! Um diese Liebe geht es Jesus. Dabei wird jedem bewusst, wie schwierig diese Liebe zu leben ist und wo sie ausgeübt wird. Aber das Evangelium stellt nun einmal hohe Ansprüche! Auch Päpste, Bischöfe, Äbte und Heilige versuchten in der Kirchengeschichte als Friedensstifter zu fungieren. Unsere Kirchengeschichte ist reich an Erzählungen, in denen die einzelnen Kirchenwürdenträger versuchten, in den untereinander zerstrittenen Welt- und Ortskirchen für den Frieden zu vermitteln. Das erste apostolische Schreiben stammte vom hl. Papst Clemens I., der um 96 n. Chr. in der zerrissenen Kirche von Korinth den Frieden wiederherzustellen versuchte. So sieht es jeder Papst als seine Aufgabe, nicht nur um den Frieden zu beten und Appelle herauszugeben, sondern auch zu vermitteln! So ist der erste Jänner auch zum Weltfriedenstag erhoben worden, weil durch Maria uns Gott den Frieden in Jesus Christus geschenkt hat. Einen schönen Satz prägte dabei der hl. Papst Johannes Paul II. „Der Mensch - Herz des Friedens“. In dieser Botschaft findet sich eine grundlegende Aussage.
Der Friede ist Gabe und Aufgabe! Der Friede ist ein Merkmal göttlichen Handelns, das sowohl in der Erschaffung eines geordneten Universums zum Ausdruck kommt, als auch in der Erlösung der Menschheit, die es nötig hat, aus der Feindschaft, die aus der Unordnung der Sünde hervorgeht, wieder den Frieden zurückzugewinnen.
Nun, da es eine Gabe und Aufgabe ist, wie kommt man jetzt zu diesem Frieden? Gott hat durch Weihnachten und dann durch den Karfreitag seinerseits das Angebot gemacht. An uns liegt es jetzt diese Gabe anzunehmen und zur Aufgabe zu machen. Die klassische Definition von Frieden stammte vom Augustinus: Der Friede ist die Ruhe der Ordnung.“ Der hl. Thomas baut darauf auf und sagt, dass es im Menschen drei Arten von Ordnung gibt: Die Ordnung mit Gott, mit sich selbst und die Ordnung mit dem Nächsten. Demzufolge gibt es drei Arten von Frieden: Den inneren Frieden des Menschen, der im Einklang mit seinen Tugenden und Fehlern, Grenzen und Schwächen lebt; den Frieden mit Gott, d.h. sucht nach seinem Willen (Wille heißt Lebensplanung, suchen und leben); und den Frieden in Hinblick auf den Nächsten, der in Respekt und Würde seinen Mitmenschen leben lässt.
In der Bibel finden wir das Wort „Shalom“, das mit „Friede“ übersetzt wird. Jedoch heißt es mehr als Frieden. Shalom bezeichnet Wohlbefinden, Ruhe, Sicherheit, Erfolg und die Gesamtheit der messianischen Güter. Wenn wir Menschen uns diesen Frieden zu Weihnachten wünschen oder vermitteln sollen, dann lädt uns Christus ein, Kanal des Friedens zu sein. Verbunden mit der Quelle des Friedens, welcher Christus selber ist. Durch diese innige Verbundenheit bewahren wir unseren Herzensfrieden, stellen ihn wieder in uns her und werden dann fähig, ihn den anderen wiederzuschenken.
„Der Friede entsteht aus einem neuen Herzen!“ (hl. Johannes Paul II. - 1984 Friedensbotschaft)
Gerade dieses Jahr liegt auf allen „FRIEDENSSTIFTERN“ ein neues, schwieriges und drängendes Arbeitsfeld vor: Frieden zwischen den Religionen und den Frieden zwischen den Gläubigen zu fördern und zu erbitten. Möge uns dieses Weihnachtsfest dafür eine erneute Einladung sein.
Ich wünsche Ihnen zusammen mit allen unseren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern ein gnadenvolles und friedliches Weihnachten und ein gesegnetes Jahr 2024.
Pfarrer Nikolaus Vidovic