Pfarre Krems St. Paul

Paulus 2023/06

"Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt!" (MT28,20)

Liebe Pfarrgemeinde, liebe Freunde von Krems-St. Paul und St. Severin!

In unserer Diözese St. Pölten ist zurzeit viel Bewegung in die Diskussion um die Zukunft der Pfarren gekommen. Kirchenaustritte, demografischer Wandel, Rückgang an Kirchengeher, Rückgang an Kirchenbeiträgen, Mangel an Priesternachwuchs, an pastoralen Mitarbeitern und ehrenamtlichem Engagement stellen Zahl, Größe und Ausstattung der Pfarren in der Diözese auf den Prüfstand.

„Zauberworte“ sind dabei Zusammenlegung (Fusion) von Pfarrgemeinden und die Veräußerung nicht mehr benötigter Kirchen und Pfarrzentren. Viele davon sind kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden, als man glaubte, es gehe immer bergauf mit der kirchlichen Entwicklung. Die Kirchenbauer und jene, die fleißig mit eigenen Händen am Bau der Kirche mitgearbeitet haben, verstehen nicht, dass „ihre“ Kirchen zum Abriss, Verkauf oder zu diversen Räumen freigegeben werden.
Hinzu kommt die spannende Frage, ob tatsächlich die Pfarren zukünftig für eine missionarische Kirche die Orte der Glaubensweitergabe sind, die wieder offensiv und lebendig ihre Botschaft von Jesus Christus in die Welt verkündet. Viele Menschen sind gar nicht mehr daran interessiert, sich lebenslang an eine Pfarrgemeinde zu binden, wohl aber durchaus bereit, an befristeten Projekten mitzuwirken.

Der Mangel an Christen, an Seelsorgern, an finanziellen Mitteln und auch an Bedeutung des Glaubens in unserer Gesellschaft fordern dazu heraus, nach neuen geeigneten Wegen zu suchen. Daher ist es verständlich, dass für viele der Aufbruch dazu mit Ängsten und Trauer einhergeht. Sich von vertrauten und liebgewordenen Kirchen, Räumen, Gegenständen (Statuen…) bis zu gewohnten Messen/Messzeiten verabschieden zu müssen, gleicht immer einem Auszug aus der Heimat in ein fremdes und unbekanntes Land. Dabei bitte ich nicht die Perspektive einzunehmen, alles als VERLUST zu sehen - das deprimiert. Als Gläubige und vom Evangelium getragene Menschen, sind wir aufgefordert, mehr Möglichkeiten zu sehen als wir es gegenwärtig sehen können. Die Bibel bezeugt es uns immer wieder. Wie in vielen Erzählungen berichtet wird, wo wir an unsere Grenzen stoßen, unsere Ohnmacht bekennen, fängt Gott seine WUNDER zu wirken an. Gott geht auch in diesen Tagen und in dieser Zeit mit uns! Vertrauen wir Ihm?

 

„mach dich also auf den Weg und zieh über den Jordan in das Land, das ich euch geben werde!“

Im Licht des Glaubens werden in biblischen Erzählungen wichtige Erkenntnisse über den Umgang mit Veränderung wiedergegeben. Sie sollen MUTMACHEN und IMPULSGEBER in den anstehenden Veränderungsprozessen sein. Dieser folgende Hinweis soll anregen, nicht nur die Situation der Kirche in der Welt von heute aus der Perspektive der Bibel zu sehen, sondern auch unsere Kirche vor ORT, auf diese Weise die Spur der Verheißung Gottes aufzunehmen und als Zusage in den anstehenden Erneuerungsüberlegungen fruchtbar werden lassen.

Der Bericht des Buches Numeri (Num 13,1-14,10) (Diese Textstelle war schon programmatisch / richtungsweisend bei meiner Installationsfeier!)

I. Kundschafter Erzählung

Nachdem das auserwählte Volk genau 40 Tage durch die Wüste gewandert war, stehen sie an der Schwelle zum Gelobten Land. Mose erhält den Auftrag, einige Männer auszusenden und das Land Kanaan zu erkunden.

Übertragung: Wer sind in unseren Gemeinden die Kundschafter/innen? Welche Frauen und Männer, erkunden die neue Lage in beiden Pfarren? Wer ist für welche Arbeit, welchen Dienst geeignet? Welche Qualitäten müssen heute Menschen haben, wenn sie sich auf die Suche nach dem „Gelobten Land“ (neue Pfarre), der Zukunft der Kirche machen wollen?

Nun kehren die Kundschafter zurück, erzählen Mose und dem Volk was sie gesehen und erlebt haben! „Wir kamen in das Land, in das du uns geschickt hast, es ist wirklich ein Land, in dem Milch und Honig fließen, das hier sind ihre Früchte. ABER das Volk, das im Land wohnt, ist stark, und die Städte sind befestigt und sehr groß. Auch haben wir die Söhne „des Anak“ dort gesehen.

Übertragung: WER erzählt wo und was über das, was uns im „Gelobten Land“ erwartet? Perspektiven der Möglichkeiten? Die Kundschafter berichten Mose und dem Volk differenziert von den Chancen und Risiken: Wie ist unser Blick auf die Zukunft der Kirche?

So ergeben sich für JEDE SITUATION IN UNSEREM LEBEN DREI OPTIONEN! (Diese können Sie für ihr eigenes Leben immer wieder selbst anwenden!) Bei jeder Herausforderung können Sie dieses Modell anwenden!

Option a) Ich misstraue und sage „NEIN“ der Verheißung und ich möchte zurück!

Veränderungsprozesse sind mit Instabilität und Unsicherheit verbunden, Gewohntes wird in Frage gestellt, alte Sicherheiten sollen nicht mehr gelten? Innere Panik bricht aus! Wenn man sich solchen Menschen und Gedanken hingibt läuft man Gefahr, wie in dieser Bibelstelle MEUTEREI zu betreiben!

Option b) Ich verfalle einer OHNMAHT UND RESIGANTION, „das können wir nicht!“

Hier spielt die ANGST- und PANIK-Macherei immer eine große Rolle! Es finden sich immer wieder Menschen, die auch, wie in dieser Textstelle zu lesen ist, gerne zu Übertreibungen neigen! „Wir haben die ANAKITER gesehen! „RIESEN“, wir selbst kamen uns wie Heuschrecken vor!“ Aus der eigenen Unsicherheit nutzen sie die Situation, um Panik und Angst unter der Gemeinde zu schüren. Die Folgen sind verheerend - RESIGNATION! D.h. es gibt keine Erinnerung an das Gute, man kapituliert innerlich und gibt sich der Hoffnungslosigkeit hin. Für den Glauben ist das der TOD, weil ich damit kundtue, ich sehe keinen Plan und Ausweg. So hat auch Gott keinen Plan. Die Bibel und damit auch der Glaube, lehrt uns sich den Dingen zu stellen! Was sind die Riesen, die uns Angst machen? Welche Sorgen treiben uns, wenn wir an die Zukunft unserer Gemeinde denken? Wo streuen wir selbst Gerüchte über die Zukunft aus? Sehen wir nur einseitig die Gefahren der Veränderung?

Option c) JA! Gott hat eine Zusage und eine Verheißung gegeben!

Er möchte uns das Land geben! Josua, der Sohn Nuns, zerriss seine Kleider und sagte: Das Land, das wir durchwandert haben, dies Land ist sehr, sehr gut! Wenn der Herr uns wohlgesinnt ist und uns in dieses Land bringt, dann schenkt er uns das „Land“! Habt keine Angst! (Num 14,5) Machen wir uns auf den Weg! Der Mensch benötigt Menschen, die aus dem GLAUBEN d.h. EVANGELIUM leben! Zuerst lassen sie sich selbst von Gottes Wort ansprechen und inspirieren für die Zukunftsaufgaben, die vor ihnen stehen und dann in den Gesprächen helfen sie anderen Menschen für die Zukunft neue Sichtweisen auf die Herausforderung zu sehen und zu nehmen. Dabei geht es konkret um Visionen. Welche Verheißung ist uns zugesprochen? Was wollen wir aus unserer Vergangenheit bewahren? An was wollen wir festhalten, weil es zu unserer Identität gehört? Welchen Zuspruch brauche/n ich/wir? Welchen Zuspruch höre/n ich/wir? Unter welchen Segen stellen wir uns? Welche Mittel und Kräfte haben wir und welche müssen wir noch konzentriert sammeln? Was erwartet uns im neuen „Land“ was sind unsere Chancen und mit welchen Widerständen müssen wir rechnen?

WAS vom NEUNEN, auf das wir zugehen, wollen wir in das ALTE integrieren, das wir mitbringen?

II. AusWeg/Ziel:

Leider Gottes endetet die biblische Geschichte in einer Katastrophe! Die Meuterer waren zu laut, es kam zum Aufstand, man wollte Mose und Aron sogar umbringen. Die Folge, die das Volk zu tragen hatte, war, alle die gemurrt und Meuterei betrieben haben, kamen nicht ins Gelobte Land! Sie starben und das ganze Volk musste statt den 40 Tagen nun 40 Jahre durch die Wüste wandern! Schaffen wir es???

Übertragung: Die Herausforderungen, vor denen heute die Pfarrgemeinde steht und auch die eigene Herausforderung, sind enorm. Es ist kein leichtes Unterfangen, sich dieser Situation zu stellen. Wo und wie können wir als Pfarrgemeinde Orte und Gelegenheiten schaffen, die uns neue Kraft schöpfen lassen, damit die Zuversicht wächst, ohne die Angst und den Zweifel zu leugnen?

Pfarrer Nikolaus Vidovic