Paulus 2022/02
Fastenzeit
Mit großen Schritten naht die Fastenzeit! Jedes Jahr, so auch dieses Jahr, hat seine Schwerpunkte! Fastenzeit heißt nicht in erster Linie entschlacken und Abmagerungskuren machen, sondern es heißt, sich geistig, geistlich fit zu machen, sein Leben mit der Gnade Gottes anzuschauen und mit Ihm eine Sinnesänderung (Metanoia) vorzunehmen.
Das Liturgische Jahr C oder auch das Lukas Jahr genannt zeigt uns Jesus in besonderer Weise als den menschgewordenen Sohn Gottes, voll Erbarmen und Liebe, als den Erlöser und Retter der ganzen Welt. (Lk 19,10)
Das Christusbild, welches Lukas uns präsentiert, ist ein Aufruf, seine Beziehung zu Gott und zum Nächsten neu zu überdenken und sich dabei sein religiöses und soziales Verhalten anzuschauen und am Vorbild Christi anzupassen.
Nach Lukas besteht das Leben eines Jüngers in dienender Liebe, die auch dem Feind und dem Fremden geschenkt werden soll. Jesus als die Ikone der Barmherzigkeit Gottes wird nach Lukas zum einzigen Maßstab für ein gutes und gerechtes Leben. So verbindet der Evangelist die Menschwerdung Gottes mit unserem konkreten Leben. Damit aber der Jünger eine richtige Entscheidung im Leben treffen kann, bedarf es nach Lukas einer Orientierung am Leben Jesu.
Deshalb hat der Evangelist Lukas „seine Sichtweise der Fastenzeit“. Sie hat den Schwerpunkt „Buße und Umkehr“.
Durch unser Leben und unsere Lebensführung können Mauern hochwachsen. Diese blockieren Glück und Lebensfreude der Gnade Gottes. Nach Lukas besteht eine Möglichkeit der Befreiung aus diesem Dilemma. Sie besteht in der Barmherzigkeit Gottes, die darin erfahren wird, dass durch Vergebung und Aussöhnung diese entstandenen Mauern abgetragen werden.
Der erste Sonntag hat den Schwerpunkt der Mauer „die Versuchungen“, die aus den Steinen „Haben wollen“, „Herrschen“ und „Macht“ besteht. Diese Steine nach Lukas wollen uns hindern, unser Mensch-Sein auf Gott und den Nächsten zu leben.
Der zweite Sonntag hat den Schwerpunkt „Lasten tragen“. Welche Lasten und Steine trage ich in meinem „Rucksack des Lebens“, die mich hindern, frei zu werden für das Schöne in der Schöpfung?
Der dritte Sonntag spricht schon konkret von „der Barmherzigkeit Gottes“, die sich in unendlicher Geduld mit uns Menschen äußert. Lukas verwendet hier das Bild eines „unfruchtbaren Feigenbaumes“. Welche „Steine“ und Umstände hindern mich am Wachstum? Was ist dadurch in mir gestorben? Was sollte an meinem „Lebensbaum“ geschehen, damit ich Frucht bringen kann? Welche Früchte sind da? Womit dünge ich? Was soll wachsen?
Lukas zeigt uns Jesus als den barmherzigen Gärtner, der alles tun möchte, der Hindernisse ausräumt und sogar keinen Aufwand scheut, damit wir Frucht (Früchte) bringen.
Am vierten Fastensonntag spricht Jesus nach Lukas direkt vom „barmherzigen Vater“, der seinen verlorenen Sohn wieder aufnimmt. Hier geht es um die alte Frage: Wie geht Gott und wie geht der Mensch mit „der Schuld“ um?
Sünde und Schuld, je nach Schwere, können das seelische Leben umbringen. Gott im Bild des barmherzigen Vaters möchte, dass wir leben. Er möchte uns beleben durch seinen Geist und seine Beziehung. Der „verlorene Sohn“ im Evangelium erkennt, dass er sich selbst nicht „neu“-beleben kann, sondern es muss ihm geschenkt werden. Deshalb beschließt er umzukehren, heimzukehren in die Beziehung zu sich und zu Gott, damit er zum LEBEN kommt und das Leben nicht zum ÜBERLEBEN wird.
Der fünfte Sonntag führt uns „eine Ehebrecherin“ vor Augen, die gesteinigt werden soll. Der Evangelist Lukas zeigt uns wieder auf, wie Gott dem Menschen entgegenkommt. Er kommt in seinem Sohn Jesus im Zeichen „der Vergebung“, ohne ein „Urteil“ über den sündigen Menschen zu sprechen! Diese Textstelle will sagen, die Schuld ist groß, doch das Erbarmen Gottes ist größer!!!
Schuld kann wirklich, wie „Steine“ erfahren werden, die uns lähmen und am Leben behindern. Solche Steine erdrücken den Menschen und seine Seele, doch Jesus ist gekommen, um uns von solchen Steinen zu befreien! Er möchte, dass wir frei werden. Was erdrückt mich? Welche Steine trage ich in meinem Leben umher?
Erlaube ich es Jesus und seiner Barmherzigkeit, dass er mir die Steine ausräumt und mich zum Leben beruft?
An diesem Sonntag dürfen auch Sie gerne ihre „Schuldscheine“ wie in Jerusalem in die Ritzen der Mauer stecken (anonym, die anschließend verbrannt werden) und auf das Erbarmen Gottes hoffen.
Unser Ziel ist es, durch diese Sonntage den gläubigen Christen eine Option zu ermöglichen, zu einem „NEUEN MENSCHEN“ zu Ostern zu werden, frei von Lasten der Vergangenheit und frei von falschen Gottesbildern, die sich in uns eingeprägt haben! Jeder möchte die Menschheit ändern, doch kaum jemand denkt daran, bei sich selbst anzufangen!
Mit diesen paar Gedanken wünsche ich Ihnen einen gesegneten Beginn der Fastenzeit.
Ihr Pfarrer Nikolaus Vidovic