Pfarre Krems St. Paul

Monatsblatt 2020/05

Dies ist der Tag, den der HERR gemacht hat;
wir wollen jubeln und uns über ihn freuen. (Ps 118, 24)

Mit diesem Ruf aus dem Jubel- und Dankpsalm zieht die Gemeinde der gläubigen Israeliten am Sabbat in den Tempel ein. Der Tag wird zum Festtag, Jubel und Freude sollen ihn prägen.

Der Sonntag der Urkirche

Auch die frühen Christen beginnen diesen Herrentag, jedoch nicht am Sabbat, sondern am darauffolgenden ersten Tag der Woche, unserem Sonntag. Über den Abschiedsbesuch des Paulus in Troas wird berichtet, dass sich die Gläubigen am ersten Tag der Woche versammelten, um das Brot zu brechen (Apg 20,7) – die Geste des Brotbrechens hatte in der Urgemeinde die Bedeutung Abendmahlsfeier, Eucharistie (vgl. Mk 6,41; Mk 14, 22; 1 Kor 11,24; Lk 24, 30). Auch in Korinth versammelte sich die Gemeinde offenbar am ersten Tag der Woche (1 Kor 16,2) und Johannes verwendet in der Offenbarung wie selbstverständlich den Namen „Tag des Herrn“ (Offb 1,10). Es gibt auch eine außerbiblische Quelle aus dem 2. Jahrhundert, die bezeugt, dass sich die Christen an einem bestimmten Tag vor Sonnenaufgang zu versammeln pflegten, um gemeinsam ein Lied auf Christus als ihren Gott zu singen. Bei dem Text handelt es sich um einen Brief des Statthalters von Bithynien (Kleinasien), Plinius des Jüngeren, an den Kaiser Trajan. Das Thema des Briefes: die Verfolgung der Christen.

Der Sonntag in der apostolischen Überlieferung

Wie für die Christen der Urkirche ist auch für uns der Sonntag der Herrentag, weil er der Tag der Auferstehung des Herrn war. In der christlichen Erfahrung wird dieser Tag wie eine neue Schöpfung gesehen, ist daher auch der Tag des Schöpfungswerkes Gottes, der Tag, an dem Gott sprach: Es werde Licht (Gen 1,3).
Das Zentrum des Sonntags ist die eucharistische Versammlung der Gläubigen im Gottesdienst: Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten, berichtet Lukas (Apg 2, 42). Der Sonntag ist Tag der Freude, die Jesus in seiner dritten Abschiedsrede angekündigt hat (Joh 16, 20). In einem frühchristlichen Zeugnis, dem sogenannten Barnabasbrief (130/132 nach Chr.), wird der Auferstehungstag als Freudenfest bezeichnet und auch der Kirchenvater Augustinus hebt den Freudencharakter dieses Tages hervor. Schließlich ist der Sonntag Tag der Ruhe nach dem Beispiel des Schöpfungsberichtes (Gen 2, 2). All dies charakterisiert den Sonntag seit der apostolischen Überlieferung. Auf diese beruft sich das Zweite Vatikanische Konzil im Dokument über die Liturgie, das den Herrentag als den Ur-Feiertag bezeichnet, den man der Frömmigkeit der Gläubigen eindringlich vor Augen stellen soll, auf dass er auch ein Tag der Freude und der Muße werde (SC 106).

Der Sonntag heute – wie leben wir ihn wirklich?

Das möge jeder für sich beantworten. Hier nur einige Fragen: Ist uns bewusst, dass der Sonntag als Auferstehungstag das wöchentliche Ostern ist? Wünschen wir einander einen schönen Sonntag in christlichem Sinn oder bloß gedankenlos ein schönes Wochenende? Erkennen wir die Gefährdung des Sonntags durch die Kommerzialisierung, durch den Ruf nach weiterer Lockerung der Öffnungszeiten und Einschränkung der Arbeitsruhe? Denken wir an die Wichtigkeit des Sonntags für soziale Kontakte, insbesondere in der Familie? Schätzen wir die Ruhe des Sonntags gegenüber der Hektik des Alltags? Und vor allem: Erleben wir den Sonntag in der eucharistischen Versammlung – der hl. Messe oder dem Wortgottesdienst – bewusst als Feiertag, der sich von allen anderen Tagen unterscheidet?
Der Sonntag ist ein kostbares Geschenk Gottes an die Menschen. Wir dürfen ihn nicht kaputt machen.
(Papst Franziskus in der Generalaudienz am 12.08.2015).

Dr. Heinz Steiberger

Literatur: Lexikon für Theologie und Kirche (Herder), Apostolisches Schreiben „Dies domini“ v. 31.05.1998 (Johannes Paul II.) L‘Osservatore Romano 34/2015
Bild: Albrecht Dürer - Die Auferstehung Christi (Wikipedia - gemeinfrei)